Am 22. April war Tag der Erde. Den folgenden Text habe ich vor einem Jahr geschrieben, da ich denke, dass er nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat, darf er aus gegebenem Anlass hier noch einmal erscheinen.
Die wiederkehrende Zeigerdreherei, über die, wenn es soweit ist, immer so viel lamentiert wird, hat ihr Gutes. Selbst nach einem langen Arbeitstag mit vielen Autokilometern bleibt genügend (Sommer-)Zeit, mich abends aufs Rad zu schwingen. Den von Spezialisten angekündigten Jetlag nach der Zeitumstellung und anderes Ungemach spüre ich nicht. (Wahrscheinlich bin ich unsensibel. Denn ich esse auch von Zeit zu Zeit Fleisch und Laktosen und Glutene … Aber das ist ein anderes Thema). Das Licht solch einer abendlichen Tour reicht nicht nur zum Radeln auf den Fahrradstraßen – die hier beileibe nicht nur von Fahrrädern genutzt werden – sondern auch zum Fotografieren. Da die Fotos unter diesem Beitrag nicht alles zeigen können und viele Eindrücke eher akustischer Natur sind, sei einiges (ich gebe zu, recht schwärmerisch) zusätzlich beschrieben: Ein Adlerpaar kreiste über den Wurlsee, Feldlerchen zwitscherten über den sattgrünen Äckern, Bienen und Hummeln summten in den Blüten der verwilderten Kirschen am Wegrand, laichende Plötzen plätscherten im Schilf, Amseln trällerten, Elstern spektakelten, Damwild überquerte gemächlich den Radweg. Idylle? Ja, sicher.
Zumindest auf den ersten Blick. Der zweite offenbarte, dass viele der jetzt grünen Felder in den nächsten Tagen gelb sein werden. Bis an den Horizont. Auch ich werde mir dann ganz sicher nicht verkneifen können, diese blau-gelben Gemälde zu fotografieren. Die so typisch sind für die Uckermark im Frühjahr. Obwohl es mir eigentlich zu viele Rapsfelder sind und zu große. Und auf den restlichen Flächen (zumindest gefühlt) wächst Mais. Obwohl die Uckermärker nicht als die großen Maisesser bekannt sind. Hier gibt es mehr Biogasanlagen als Tortillas. Wo die Traktoren über die noch nackten Felder ziehen, sind kilometerweit Staubfahnen zu sehen. Auf der Autobahn Richtung Norden hat es gerade wieder Sandstürme gegeben. Im Wald, dem noch das grüne Unterholz fehlt, knistert es. Es ist trocken, viel zu trocken. Der Grundwasserspiegel sinkt. Stege an Seen sind in den letzten zehn, zwanzig Jahren zu Sprungtürmen geworden. Denen, die etwas dagegen tun, treten wir mit Ablehnung und Misstrauen gegenüber. Den „Grünen“, die Wasserstände wieder anheben und den Mooren wieder Wasser geben. Und damit verhindern, dass das Torf, in dem seit Millionen Jahren viel Kohlendioxid gespeichert wurde, sich weiter abbaut. Was sie tun, ist richtig. Aber manchmal erklären sie es schlecht. Oder gar nicht. Und wir sehen nur das Wasser, dass plötzlich da ist, wo lange keins war.
Denn wir haben uns an diese Trockenheit gewöhnt. Sie ist normal geworden. Wir bauen Häuser an Flüssen und Keller in Senken. Und sind entsetzt, wenn das Wasser kommt. Und zwar heftig. Jahrhunderthochwasser im Zehnjahresrhythmus oder öfter. Dann machen wir Sondersendungen, reden mit Versicherungen und erhöhen die Deiche. Wenn alles wieder trocken ist, vergessen wir schnell. Bis zum nächsten Mal. Unwetter und Stürme sind häufiger und extremer geworden. So, wie Klimaforscher es schon lange vorhersagen. Das ist beunruhigend. Deshalb lachen wir gern mal nach zwei eisigen Wochen oder einem kühlen Sommer über die angebliche „Klimaerwärmung“. Reden über „normale Schwankungen“ und vergessen den vergangenen milden Winter. Das beruhigt. Wir sehen die riesigen Staubwolken und bauen weiter Monokulturen an. Die dann bis zum Horizont so schön gelb leuchten. Über all das denke ich nach, während mir der Wind auf der letzten langen Abfahrt, die untergehende Sonne im Rücken, den unverwechselbaren Frühlingsduft nach Kiefern und Erde und Gülle entgegen weht.
Heute ist der „Tag der Erde“, der weltweit seit 45 Jahren begangen wird. Globales Denken will er mit lokalem Handeln verbinden. Um zum Beispiel – der Schwerpunkt in diesem Jahr – Müll zu vermeiden. Durch Wiederverwendung und Wiederverwertung. Und Reduzierung. Wozu es ein Umdenken braucht in einem auf endloses Wachstum ausgelegten Wirtschaften und Leben. Und eine Regulierung. Die auch eine Reglementierung sein kann. Die wir – gern, oft, und unwidersprochen auf unsere Rolle als „Verbraucher“ reduziert – so gar nicht mögen.
4 Kommentare
Sehr ansprechender und gut gestalteter Blog. Freue mich auf mehr.
Ein neues Landei in Lychen…
Herzlich Willkommen – auf der Seite und in Lychen. Und einen guten Start in die Saison am 1. Juli!
Schaut super aus der BLOG.
Deine Fangemeinde wird sich freuen! 🙂
Danke. Und ich freue mich auf die Fangemeinde auf dieser Seite! 🙂