Der Schwarzstorch ist, wie der Name es sagt, tatsächlich fast schwarz. Nur dass es sich bei diesem Exemplar nicht um den ausgesprochen scheuen Vogel, sondern um ein ausgesprochen schmackhaftes Bier handelt. Mit einem leichten Röstaroma, das Vorbild irischer Schwarzbiere ist unverkennbar. „Das Schwarze ist noch in der Entwicklung“, sagt Henning Storch, der Brauer und Namensgeber der Lychener Biere. In der Entwicklung – das heißt für ihn, dass er Nuancen im sehr komplexen Brauvorgang variiert, bis er das Ergebnis in der Flasche hat, das er für gut befindet. Gern hört er auch die Bewertungen und Wünsche „seiner“ Biertrinker.
Wenn sie zu ihm in den kleinen Brauraum kommen, um die leeren Flaschen zurückzubringen und die neuen mitzunehmen, bleibt immer auch Zeit für ein Gespräch. Über Gott und die Welt und das Bier. Dass die Frau, die bisher nicht so gern Bier trank, ganz begeistert ist vom Dunklen Storch zum Beispiel. Der Brauer lacht: „Das Dunkle schmeckt den Nichtbiertrinkern oft am besten, ist aromatisch und süffig“. In den meisten Flaschen, die seine „Mikro-Brauerei“ verlassen, ist übrigens „Heller Storch“. Der Klassiker, kein Pils, aber geschmacklich nah dran, ein, wie Henning Storch sagt, „Universalbier“. Mit dem er auch nicht mehr in der „Brauküche“ experimentiert.
Die Idee des studierten Musikers, sich einen Braukessel zu kaufen, sich in Literatur über die jahrhundertealte Kunst des Brauens zu vertiefen und schließlich eigenes Storch-Bier auf den Markt zu bringen, ist auf einem Floß entstanden. Gemeinsam mit Jörg Hartzsch, ebenfalls Musiker und ausgebildeter Koch, verband er auf Fahrten mit den „Treibholz“-Flößen die Erlebnisse von Natur, Musik und Essen. „Da kam oft die Frage nach einem Bier, das für die Region typisch ist, das aus der Region stammt“, erinnert er sich. Das gab es nicht. Statt dessen hatte auch Biertrinker Henning Storch längst registriert, dass die Biere großer Marken sich durch die standardisierten Abläufe immer ähnlicher geworden waren, dass man Bier mit einer charakteristischen Note in den Supermarkregalen meist vergeblich sucht. Außerdem ist Henning Storch einer, der von sich sagt: „Ich bin ein Selbermacher“.
Also machte er selbst – sogar den Bauantrag für den Brauraum im Familienhaus in der Rutenberger Straße. Und als es mit einer ursprünglich angedachten EU-Förderung nicht wurde und er sich und seine Familie auch nicht in die Abhängigkeit eines Bankkredits begeben wollte, stellte er eine Finanzierung über Privatkredite auf die Beine: Er vergab „Bieraktien“. 12 „Aktionäre“ sind es, deren Geld in die Brauerei floss, die sich jährlich zur Aktionärsversammlung im Storchschen Garten treffen und die Dividende in Form von Bier entgegennehmen. „Da treffen ganz unterschiedliche Leute aufeinander und ich berichte, wo ich stehe und was ich vorhabe“, sagt Henning Storch und spricht von einem „großen gegenseitigen Vertrauen“.
Bei allen Absichten sei aber eines das Entscheidende: Das Bier muss schmecken. Das übrigens nicht aus Felsquell- oder sonstigen werbeträchtigen Wässern, sondern aus Lychener Trinkwasser entsteht. Und ansonsten aus Zutaten in Bio-Qualität gebraut wird und nach dem Brauen und Lagern unpasteurisiert in die Flaschen kommt. Die im „Einmann-Betrieb“ Storch auch gleich von Hand etikettiert werden. Der Sudkessel ist mittlerweile zu klein geworden, ein größerer muss her. Auch denkt der „Selbermacher“ darüber nach, sich mit dem Mälzen zu befassen. Dann könnte er Biogerste aus der Region verwenden und daraus das Malz selbst herstellen, statt es wie bisher aus Bayern zu ordern – was seinem Selbstverständnis vom Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen noch mehr entsprechen würde.
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