Ein Paket mit Aleppo-Seife ist in Lychen angekommen. Wie ich inzwischen gelernt habe, ist das eine in Syrien nach historischen Rezepten produzierte Seife aus Oliven- und Lorbeeröl, die auch in Deutschland vor allem von verschiedenen Naturprodukteanbietern vertrieben wird. Denn die nach ihrer Herstellerregion benannte Seife, die arabisch „Sapun Ghar“ – Lorbeerölseife – heißt, ist genau das, ein Naturprodukt. Dass Jana Thum nun aber in der Flößerstadt eine Schachtel mit 12 dieser Seifenstücken in der Hand hält, hat nichts damit zu tun, dass sie diese bestellt hätte. Sondern mit einer fehlgeleiteten E-Mail.
Kurze Vorgeschichte: Jana engagiert sich in der Willkommeninitiative, die sich in der Flößerstadt um die derzeit hier lebenden Flüchtlinge kümmert. Und sollte von einem Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkunft im Sonnenhof eine Mail bekommen. Die er aber nicht an die Domain der Lychener Firma Treibholz …treibholz.com schickte, sondern an ….treibholz.de. Die Internetadresse der Firma Treibholz im nordrhein-westfälischen Korschenbroich, die mit Naturprodukten und Kunsthandwerk handelt. Wegen der Namensgleichheit dieser Firma und des Lychener Floß-, Kanu- und Herbergsanbieters passierte es bereits in der Vergangenheit ab und zu, dass Anfragen zu Kanus oder Floßausflügen beim Onlinehändler in Korschenbroich landeten. Dort wusste man also, an wen die Mail aus dem Lychener Flüchtlingsheim eigentlich gehen sollte, reagierte prompt und leitete – wie sonst in diesen Fällen auch – die Mail an den richtigen Empfänger weiter. Versehen mit diesen Zeilen: „Guten Morgen, falls Ihr irgendwie mit syrischen Flüchtlingen zu tun habt, sagt uns Bescheid, wir schicken euch Seife aus Syrien: da freuen die sich total drüber. Gruß vom Niederrhein …“ So kam zu Pfingsten ein Paket mit Aleppo-Seife in Lychen an.
Die Produktion von Seife aus Olivenöl, Lorbeeröl und Pflanzenasche hat in der Region Aleppo eine über 1000-jährige Geschichte. Von hier aus kam sie, anfangs mehr Medizin als Badeseife – als Luxusgut nach Europa. Wo feste Seife bis dahin unbekannt war. Bis 2012 gab es in Aleppo, der zweitgrößten Stadt Syriens, mehr als hundert Seifensiedereien, viele Rezepte waren über die Jahrhunderte innerhalb der Familien weitergegeben und so eine reiche Geschichte lebendig gehalten worden. Mittlerweile soll es in der zerstörten Stadt nur noch einige wenige Seifensiedereien geben, wenn überhaupt. Viele Menschen sind geflohen. Ich muss an die Bilder denken, auf denen Syrern in deutschen Turnhallen Beutelchen mit Zahnbürste und Seife gereicht wurden.
Jana wird das Paket mit der Aleppo-Seife – das eigentlich nur wegen einer fehlgeleiteten Mail nach Lychen kam – in den nächsten Tagen in den „Sonnenhof“ bringen.

Jana Thum mit dem Paket aus Korschenbroich.
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